Euroforum Haftpflicht 2021 – Nachbericht

Kongresse und Tagungen in Zeiten von Corona – geht das überhaupt? Die klare Antwort lautet: Ja, das geht! Das am 20.1. und 21.1.2021 stattgefundene Euroforum Haftpflicht 2021 hat dies eindrucksvoll unter Beweis gestellt. An dieser Stelle möchten wir ein herzliches Dankeschön an die Organisatoren richten und uns für die Möglichkeit bedanken, als Event-Partner dabei gewesen sein zu dürfen.
Einen besonderen Dank gilt Frau Hanten, die uns in den letzten Jahren stets professionell organisatorisch zur Seite stand. Wir werden die Zusammenarbeit mit Ihnen vermissen und wünschen Ihnen für ihre Zukunft nur das Beste.

 

Das wichtigste Branchentreffen des D&O-Marktes fand dieses Jahr als Digitale Edition statt und stand den abwechslungsreichen und fachlich hochwertigen Vorträgen der vergangenen Veranstaltungen in nichts nach. Einzig die ansonsten so geschätzte und genutzte Möglichkeit des persönlichen Austauschs mit den Branchenkollegen, während der Pausen und den Abendveranstaltungen, war dieses Jahr leider nicht in der gewohnten Intensität möglich. Die Organisatoren haben hier aber ein tolles Alternativprogramm auf die Beine gestellt und den Teilnehmer eine Plattform zur Verfügung gestellt, auf der sie sich per Direktnachricht, im One-to-One im privaten Video-Call oder in der virtuellen Lobby zum gemeinsamen Austausch nach Lust und Laune treffen konnten.

Auf der großen virtuellen Bühne führten die Moderatoren gekonnt und unterhaltsam durch die Vorträge und Diskussionen der Vertreter aus Industrie, Assekuranz, Anwalt- und Maklerschaft. Von der Möglichkeit, über die Chatfunktion Fragen zu stellen, wurde rege gebrauch gemacht, so dass trotz der örtlichen Distanz lebhafte Diskussionen der Diskutanten mit dem Auditorium entstanden.

 

Allgemeine Haftpflicht

 

Nicht nur die Umstände des Euroforum Haftpflicht 2021 waren von der Covid-19-Pandemie geprägt, sondern auch die Vorträge und Diskussionen kamen kaum ohne eine Thematisierung von Covid-19 und den daraus resultierenden Folgen aus. So begann der erste Tag, der unter dem Thema „Allgemeine Haftpflicht“ stand, mit einer Diskussionsrunde zu „Kapazitäten, Preise, Bedingungen im New Normal – wo wird die Industrieversicherung noch landen?“. Als einhellige Meinung der Diskutanten lässt sich festhalten, dass die Covid-19-Pandemie eine für alle Beteiligten schwierige Situation ist und sowohl Makler und Versicherer, aber auch die versicherungsnehmende Industrie vor bislang unbekannten Herausforderungen stehen, die alle Beteiligten teilweise an ihre Kapazitätsgrenzen brachten und auch immer noch bringen. So wurden im Renewal des letzten Jahres bis zu 80 % aller Verträge einer vertieften Prüfung unterzogen, was im Vergleich zu vorangegangenen Jahren, in denen ca. 15 % geprüft wurden, einen erheblichen Mehraufwand für Versicherer und Makler bedeutete. Aber auch die versicherungsnehmende Industrie wurden durch detailliere Fragebögen und angeforderte Zahlenberichte deutlich mehr gefordert als gewohnt. Dies deckt sich mit unseren Erfahrungen und Marktbeobachtungen.

 

Ein Blick in die Zukunft wagte der Vortrag zu sogenannten „ESG-Risiken“. Hierbei handelt es sich um Environmental, Social & Corporate Governance-Kriterien, die nach der Einschätzung des Redners in der Haftpflicht oftmals nicht oder nicht ausreichend eingepreist seien. Es bestehe momentan noch wenig Einsicht darin, dass durch die bei Firmenkunden fehlende Einhaltung von Nachhaltigkeits-Kriterien hohe Prozess- und Schadensersatzrisiken drohen. Und dies trotz bereits großer medial bekannter Gerichtsverfahren, wie etwa die Klage eines peruanischen Bauers, der einem deutschen Energiekonzern vorwirft, durch CO2-Emissionen seinen Lebensraum zu gefährden. Haftpflicht-Underwriter müssen sich zukünftig daher stärker auf ESG-Kriterien konzentrieren und ESG-Ratings stärker berücksichtigen. Die Idee aus dem Auditorium, gute ESG-Scores der Unternehmen bei der Preisbildung vergünstigend zu berücksichtigen, können wir nur begrüßen.

 

Das skizzierte immer größer werdende Risiko der Inanspruchnahmen aufgrund von DSGVO-Verstößen konnten auch wir in den letzten Monaten beobachten. Dass in der DSGVO nicht nur Bußgelder bei Verstößen, sondern auch die Ersatzpflicht immaterieller Schäden vorgesehen sind, stellt für Unternehmen und Unternehmensleiter ein besonderes Haftungsrisiko dar. Die bislang noch wenig vorhandene Rechtsprechung und Unerfahrenheit der Versicherer im Umgang mit Schäden aufgrund von DSGVO-Verstößen lässt eine spannende Entwicklung vermuten. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass Bußgelder in Millionenhöhe möglich sind.

 

Der Vortrag über sogenannte „Social Inflation“ brachte auch mögliche Trends auf den Plan und ermöglichte den Teilnehmern einen raschen Blick in die Gerichtspraxis der USA. Durch “neue Narrative” in den sozialen Medien, mehr Gesetzgebung für die kollektive Rechtsdurchsetzung sowie durch geändertes Verhalten von Geschworen und Richtern würden Gerichtsverfahren immer teurer werden. Abzuwarten bleibe, ob diese Entwicklung auch in Deutschland und Europa zu erwarten ist. Erste Trends seien jedoch schon erkennbar. Trotz unterschiedlicher Rechtssysteme gehen auch wir davon aus, dass die kollektive Rechtsdurchsetzung in Deutschland eine immer größere Rolle einnehmen wird. Insbesondere aufgrund des Gesetzes zur Musterfeststellungsklage ist das Risiko zu „Sammelklagen“ in Deutschland in den letzten Jahren deutlich gestiegen und es drohen hohe Schadensersatzklagen gegen Unternehmen und Manager.

 

Financial Lines

 

Der zweite Tag befasste sich mit Themen rund um Financial Lines. Die Diskussionen haben hier klar gezeigt, der Kunde muss zurück in den Fokus. Kommunikation ist und bleibt hier das wichtigste Instrument.
Das Management der Versicherer muss langfristig incentiviert und strategisch ausgerichtet werden, Entscheidungskompetenzen gehörten zurück an die Experten vor Ort.

 

Das Thema Transparenz wurde auch in diesem Jahr wieder heiß diskutiert. Wir sind immer noch klar der Meinung, dass der Markt mehr Transparenz benötigt und Zahlen offengelegt werden sollten. Hintergrund ist, zu verstehen, wo die harte Marktphase genau herkommt. Werden Prämienerhöhungen gefordert, möchte der Kunde natürlich verstehen, warum und woher dies rührt. Hilfreich wäre hier schon eine Darstellung der Schadenentwicklungen, insbesondere in der Unterscheidung zwischen Abwehr- und Entschädigungsleistungen. Daraus resultierend die Zusammensetzung der Prämie und die entsprechenden Kosten beim Versicherer. Es müssen keine genauen Details aufgezeigt werden, mehr Transparenz wäre jedoch hilfreich fürs bessere Verständnis.

 

Schadenabteilungen sollten zudem viel mehr mit Produktentwicklung und Underwriting verknüpft und somit enger zusammengebracht werden. Die Daten im Austausch zu nutzen wird essential für den Erfolg werden.

 

Das Vertrauen in die Digitalisierung muss ebenfalls auf allen Seiten gestärkt werden. Hiermit können entsprechende Kosten beim Versicherer aber auch Makler eingespart werden und effizientere und vor allem neue Vertriebswege erschlossen werden.
Über die Digitalisierung wird auch die Beratung des Maklers in einer neuen Struktur möglich sein.